Reden der letzten Ratssitzung vom 22.08.2024
Tagesordnungspunkt 4
Beauftragung von „Partnerschaft Deutschland – Berater der öffentlichen Hand GmbH (PD)“ für den Bildungs- und Innovationscampus Gelsenkirchen
Frau Oberbürgermeisterin, meine Damen und Herren,
bereits am Tag des Beitritts Gelsenkirchens zur „Partnerschaft Deutschland GmbH“, schon der Name ist ein Witz, haben wir dieser „Partnerschaft“ unsere Zustimmung verweigert. Dies werden wir auch bei dieser Vorlage tun.
Wir halten, obwohl sich die Partnerschaft Deutschland GmbH in Öffentlicher Trägerschaft befindet, diese weiterhin für ein Konstrukt, das Städte und Gemeinden in Richtung PPP- Projekte schieben soll.
Denn trotz der unglaubwürdigen Beteuerungen und medienwirksamen Krokodilstränen, über die Verschuldung der Kommunen, ist genau diese Verschuldung das, was gebraucht wird, um Kommunen wie Gelsenkirchen in weitere Öffentlich-Private Partnerschaften zu treiben, zum Schaden der Bürger und des Gemeinwohls.
Die Darstellung, dass die Partnerschaft Deutschland zu 100% in öffentlicher Hand ist, ist natürlich komplette Augenwischerei, denn es ist eine GmbH und damit befinden wir uns rechtlich im Bereich des Privatrechts.
Konstruktionen wie diese dienen dem weiteren Ausverkauf von öffentlicher Infrastruktur und dem weiteren Kompetenzabbau in den Kommunen. Die Partnerschaft Deutschland GmbH ging aus der ÖPP Deutschland AG hervor, an der sich auch Aktionäre aus der Privatwirtschaft beteiligt hatten.
Deswegen entschloss man sich aus kosmetischen Gründen zu einem Konzernumbau und 2016 schieden – offiziell - die Privaten aus. Es hatte aus kritischen Organisationen und der Zivilgesellschaft zu viel Kritik gegeben an diesem Konstrukt.
Aber noch 2020 unterhielt die GmbH Rahmenverträge mit McKinsey, Boston Consulting und Roland Berger, all die Player, die massiv am neoliberalen Umbau unseres Sozialstaates mitgeschraubt hatten und damit genau für die Verschuldung gesorgt hatten, die ihr zukünftiges Geschäftsfeld absichern würde.
Die Partnerschaft Deutschland GmbH berät vermeintlich die Kommune auch bei Schulbauten und ähnlichen Dingen, wobei beraten hier heißt Public-Private Partnerships den Kommunen als alternativlos aufzudrängen. Mit solchen vergifteten Geschenken betreiben die jetzige, wie auch die vorherigen Bundesregierungen, eine weitere Privatisierung öffentlichen Eigentums durch die Hintertür.
Bei der Partnerschaft Deutschland GmbH muss man sich nur das Management ansehen, um zu wissen, woher der Privatisierungswind weht. Das Gros der dort Beschäftigten kommt aus der Privatwirtschaft und dort aus genau den Firmen - Beratungsunternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Steuerberatungsunternehmen und großen Wirtschaftskanzleien-die zuvor den Staat gewaltig gerupft haben.
Wer jetzt glaubt, der Saulus sei zum Paulus geworden, ist noch naiver als ich mir das in meinen kühnsten Alpträumen vorstellen könnte. Intern ist man in der Wirtschaft sehr offen; dort wird PPP mit Pushing Private Profits übersetzt. Es geht bei solchen PPPs, zu denen die „Partnerschaft“ rät, darum, dass die Öffentliche Hand zahlt, sprich der Dumme ist, und die privaten Akteure gewaltig abkassieren.
Ich darf Sie, meine Damen und Herren, noch einmal daran erinnern, dass es eine gemeinsame Stellungnahme unserer obersten Rechnungsprüfer gibt, nämlich eine gemeinsame Stellungnahme des Bundesrechnungshofes und aller Landesrechnungshöfe, die sagt, dass PPP-Projekte teuer, ineffizient und faktisch bürgerfeindlich, weil komplett intransparent, sind.
In diesen PPP-Konstruktionen werden Kosten in den Kalkulationen geschönt oder ausgelagert, die Bedingungen für Beschäftigte verschlechtert und Kosten, die eigentlich als Schulden in der öffentlichen Rechnungslegung auftauchen müssten, werden verschleiert. Sie können das im Haushalt nachlesen, wie viel das sein wird, da werden Sie sich sehr wundern.
Kurz und gut im Grunde müsste jede weitere GmbH- Gründung und jedes weitere PPP-Projekt durch die Stadt von den Stadtverordneten abgelehnt werden und zwar überall in Deutschland, denn im Endeffekt wird das für die Kommunalfinanzen teuer und intransparent, völlig gleichgültig ob dort Stadtvertreter im Aufsichtsrat hocken.
Ich finde es eigentlich skandalös, dass solche Konstrukte weiter betrieben werden, anstatt endlich wieder vorhandene Ressourcen selbst und selbstbestimmt zu nutzen und Sachverstand wieder an sich zu ziehen und zu vergrößern. Denn mit jedem ausgelagerten Projekt werden die Kommunen handlungsunfähiger und auch das ist von bestimmten Kreisen gewünscht, das produziert, genau wie die künstlich herbeigeführte Finanzknappheit der Kommunen, die „Sachzwänge“, die man braucht, um der Privatwirtschaft Aufträge zuzuschustern.
Wie hat Dr. Werner Rügemer, ein Spezialist auf diesem Gebiet, das mal so schön beschrieben, kritisch beschrieben:
„Das Instrument (PPP-Projekte) funktioniert so aber nur, weil die sogenannten „Verantwortlichen“ der öffentlichen Seite – von der Bundesebene bis zur kommunalen Ebene – sich als Komplizen und Mittäter der privaten Seite verhalten, auch wenn sie gar keine gleichberechtigten, sondern nur unterwürfige, wohl auch verachtete Komplizen und Mittäter sein dürfen.“
Wir Bürger sollten uns den Staat wieder zurückholen, denn, wenn wir auf diesem Holzweg weiterlaufen, wird uns unser Staatswesen in nicht allzu ferner Zukunft um die Ohren fliegen.
Denn weder ein Staat, noch eine Stadt sind ein Konzern, obwohl uns das allerorten in den Vorlagen verkündet wird, denn ein Konzern kann im Zweifel abgewickelt werden,- mit einer Stadt und seinen Bürgern, die ja angeblich der Souverän sind, geht das nicht. Das sollte endlich als Einsicht in den Kommunen ankommen.
Danke.
Bettina Angela Peipe
Es gilt das gesprochene Wort.