Reden der letzten Ratssitzung vom 22.08.2024

Frau Oberbürgermeisterin, meine Damen und Herren,

 

grundsätzlich sind wir immer damit einverstanden, solche Dienstreisen zu genehmigen, aber bei dieser Vorlage werden wir uns mehrheitlich enthalten. Und ich werde Ihnen und auch Ihnen, Herr Wöll, kurz darlegen, warum.

 

Wir als Linke unterstützen das Gedenken an die deutschen Verbrechen der Nazizeit vehement und unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt den Menschen- gleich welcher Nation-, die durch die Naziherrschaft getötet wurden und deren Bevölkerungen durch einen verbrecherischen Vernichtungskrieg Deutschlands ermordet wurden.

 

Friedenspolitik muss daher absolut im Mittelpunkt von Erinnerungskultur stehen.

 Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Diesem Schwur von Buchenwald fühlen wir uns verpflichtet.

 

 Was wir im Rahmen derartiger Veranstaltungen jedoch immer häufiger erleben, ist nicht nur eine üble Geschichtsklitterung, sondern eine Verharmlosung von Krieg und Aufrüstung, die geradezu abstoßend ist für mich. Gerade auf dem Riga Symposium z. B. 2022, es gab einen Zeitungsbericht dazu, gab es für meinen Geschmack fast  bellizistische Töne, die auf solchen Veranstaltungen, die dem Frieden, der Völkerverständigung und dem Gedenken an die Millionen von Kriegsopfern dienen sollten, nichts zu suchen haben und die – damals noch verklausuliert - einer „Kriegstüchtigkeit“ das Wort redeten.

 

Derartigen Entwicklungen in der deutschen Erinnerungskultur werden wir uns entgegenstellen. Zumal solche Entwicklungen von der Bundesregierung und Teilen der Opposition befördert werden.

 

 Ein übergroßer Einfluss gerade baltischer und polnischer Regierungskreise auf  EU- europäische Politik hat sich als geradezu verhängnisvoll erwiesen.  Auch solche Formate wie das Riga Symposium scheinen davon angekränkelt, denn eine sehr einseitige Geschichtsbetrachtung bricht sich hier Bahn. Hier bedarf es dringend massiver Korrekturen.

 

Dass mittlerweile, um zwei Beispiele zu bringen, Ukrainer in Bausch und Bogen als Opfer im 2. Weltkrieg dargestellt werden, obwohl ukrainische Soldaten, sowohl aufseiten der Sowjetarmee, wie auch aufseiten der deutschen Faschisten zu finden waren, zeigt wie weit die historische Verwirrung hier bereits fortgeschritten ist.

 

Noch unappetitlicher wird es, wenn mittlerweile mehr und mehr versucht wird, auch von ehemaligen Alliierten, den übergroßen Beitrag der Sowjetunion an der Befreiung Deutschlands vom Faschismus schlichtweg zu leugnen.

 

All diese Fehlentwicklungen im Bereich Erinnerungskultur müssen thematisiert werden. Sollten sich solche Veranstaltungen immer mehr in die oben beschriebene Richtung entwickeln, so sollte Gelsenkirchen sich sehr überlegen, ob sie weiterhin ein Mitglied in solchen Organisationen sein möchte, denn dann würde sie den Opfern, den 25000 aus Deutschland, Tschechien und Österreich ins Ghetto Riga deportierten Juden einen Bärendienst erweisen.

 

Diese Menschenrechtsverbrechen waren nur unter Kriegsbedingungen möglich. Die Quintessenz daraus muss lauten, Friedenspolitik muss die oberste Forderung solcher Veranstaltungen sein und die Beteiligten müssen sich dafür einsetzen, die Sichtweisen aller Nationen gleichberechtigt darzustellen.

 

Wir hoffen sehr Herr Wöll, dass Sie sich, anders als einige ihrer Parteifreunde - Merz und Kiesewetter seien hier unrühmlich erwähnt-  und auch anders als unsere, für meinen Geschmack fast bellizistische Außenministerin, Frau Baerbock, deren Ministerium an der Ausrichtung dieser Veranstaltung beteiligt ist und diese unterstützt, weiterhin für Frieden und Verständigung einsetzen zum Wohle Gelsenkirchens und zukünftiger Generationen.