Rede von Martin Gatzemeier zu Top 1.1 in der Ratssitzung vom 21.03.2024

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, meine Damen und Herren,
wie sich jeder vorstellen kann, wird DIE LINKE. der vorgelegten Änderung der
Geschäftsordnung nicht zustimmen. Gründe gibt es dafür genug: Die Redezeit
auf 5 Min pro Fraktion bzw. nur 3 Minuten für Fraktionslose zu setzen, ist ein
Affront gegen die Demokratie.
Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Nehmen wir mal das Beispiel
Bebauungsplan Norderweiterung:
Über 600 Seiten Papier wollen GELESEN…VERSTANDEN… UUUND DISKUTIERT
werden – das geht nicht in 5, schon gar nicht in 3 Minuten.
Die jetzige Regelung von 10 min + 1 min pro Mitglied der Ratsfraktionen halten
wir weiterhin für sinnvoller, um die Diskussions- und Debattenvielfalt im Rat zu
erhalten.
In 5 Minuten hat man vielleicht die Kritik zum Bebauungsplan geäußert, hat
dann aber keine Zeit mehr, um in eine weitere Diskussion einzusteigen. Auch
Fragen und Nachfragen könnten demnach nicht mehr gestellt werden. Das hat
mit demokratischer Debattenkultur so gar nichts mehr zu tun!
Man hat hier zuweilen den Eindruck, dass eine Sachdebatte gar nicht
gewünscht ist. Sondern man möchte mit dem Hinweis darauf, man sei ja
Freizeitpolitiker, einfach gern um 20.00 Uhr zuhause sein oder beim nächsten
Schalke-Spiel.
Wir als Fraktion finden es sehr befremdlich, dass man einen zeitlichen Rahmen
festlegt und reglementieren möchte, dass man in dieser Zeit gefälligst fertig zu
sein habe. Dann scheint Inhaltliches ja nicht von Interesse zu sein. Ja, und dann
sind wir wirklich bei der berühmt-berüchtigten „Quasselbude“, wie es Wilhelm
Zwo so antidemokratisch formuliert hat. Dessen offene Ablehung des
Parlamentarismus dürfte ja allgemein bekannt sein. Dann könnten wir ja gleich
nur noch abnicken und uns die Diskussion ersparen. Die geplanten Änderungen
auch noch unter dem Label „Demokratieförderung“ zu verkaufen, verhöhnt
geradezu dieses kommunale Parlament.
Eine OVG-Entscheidung spricht im Übrigen bei dem Vorhaben, ellenlange
Sitzungen, Beispielrechung von Herrn Tertocha in der letzten Sitzung des
HFBPD, verhindern zu wollen, von einem nicht zulässigen Argument.
Wenn man schon eine Verkürzung der Sitzungszeiten erreichen möchte, dann
sollte man doch zuerst einmal mit dem Tagesordnungspunkt 0 beginnen und
die endlosen Debatten zur Tagesordnung einschränken.
Bei Absetzungsanträgen ist die Begründung durch den Antragsteller ja bereits
gegeben und es sollte nur eine Gegenrede erfolgen. Wenn sich die
„Viererbande“ - Viererbande, vier knüpfen Bande, um gemeinsam ein Ziel zu
erreichen - schon vorher auf Absetzung geeinigt hat, dann gibt es auch keinen
Grund dafür, warum jeder seinen Senf dazu geben sollte.
Wir haben einen Änderungsantrag eingereicht, die Redezeit für Antragsrede
und Gegenrede auf 1 Min. zu begrenzen, wie dies auch in Essen praktiziert
wird. Damit ließe sich die Tagesordnungsdebatte auf 10 Min. begrenzen, nicht
90 Min. Auf 90 Min. Tagesordnungsdebatte habe ich keinen Nerv, meine
Lebenszeit ist kostbar, Ihre bestimmt auch. Wir bitten diesem Änderungsantrag
zuzustimmen.
Was den neuen Absatz in § 14 angeht, der eine Konsensliste vorsieht, so halten
wir dies für nicht durchführbar. Schon EINE Enthaltung im Ausschuss würde
ausreichen, damit Vorlagen und Beschlüsse nicht in die Konsensliste kommen.
Und wann gibt es schon mal eine komplette Zustimmung zu diskutierten
Vorlagen.
Aus den dargelegten Gründen lehnen wir diese Änderungen der
Geschäftsordnung vehement ab.
Danke.
Martin Gatzemeier
Die Linke