Rede von Bettina Angela Peipe zu Top 0 in der Ratssitzung vom 21.03.2024
Frau Oberbürgermeisterin, meine Damen und Herren,
wir können uns bei der hier in Rede stehenden Vorlage des Eindrucks nicht erwehren, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.
Wir haben als Fraktion Die LINKE sehr stark den Eindruck, dass man hier Ali Akyol
als einzigen „bad guy“ dastehen lassen möchte. Das akzeptieren wir ausdrücklich
nicht.
Ali Akyol hat uns in einem persönlichen Gespräch und in der offiziellen
Stellungnahme dargelegt, wie sich die Dinge nach seinem Eindruck verhalten haben.
Da wir, angesichts unserer bisherigen Erfahrungen mit Ali Akyol, keinen Grund
dafür sehen, seine Äußerungen anzuzweifeln, finden wir es äußerst befremdlich, dass hier offensichtlich nur den anderen Ratsmitgliedern Glauben geschenkt wird.
Nach Herrn Akyols Darstellung soll es zunächst, während der Sitzung, eine verbale
Entgleisung vonseiten der Gruppe Tierschutz hier, von Frau Keisel- das ist auch in
der Presse erwähnt worden- ihm gegenüber gegeben haben. Wir würden uns
wünschen, dass es auch hier zu den entsprechenden Reaktionen kommt, nichts
dergleichen ist der Fall.
Offensichtlich war auch nach seinem Eindruck das Verhalten einzelner CDU-
Mitglieder durchaus nicht so, wie wir es von einem Ratsmitglied erwarten möchten und erwarten dürfen. Frau Stöcker, unsere Fraktionskollegin, kann außerdem bestätigen, dass Herr Kurth sich zuerst auf Herrn Akyol zubewegt hat, nicht umgekehrt. Auch dazu gibt es keine Einlassung, außer dieser, wie heißt es so schön in einem Palmström-Gedicht bei Morgenstern:
Und er kommt zu dem Ergebnis:
„Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil“, so schließt er messerscharf,
„nicht sein kann, was nicht sein darf.“
Die angeblich so schrecklich „demokratischen Fraktionen“ wähnen sich immer auf
der Seite der Guten, dabei können einem schon mal die Maßstäbe verrutschen. Bei Orwell hieße das wohl „einige sind gleicher“.
Seit unserer Anwesenheit im Rat, können wir immer wieder feststellen, dass
unterschiedliche Standards Anwendung finden. Redebeiträge werden kommentiert, man sorgt nicht in gleichem Maße für Ruhe, man ist bei den kleineren Fraktionen und Einzelmandatsträgern schneller dabei zu sanktionieren, während die anderen Fraktionen mit Samthandschuhen angefasst werden und mit einem kollegialen „DU Du, Du“ davonkommen oder man gleich gar nichts gehört hat, was zu beanstanden gewesen wäre.
Von den üblichen Tagesordnungsspielchen und den Verrenkungen der
„demokratischen Fraktionen“, um nicht Resolutionen der LINKEn oder Aufs
zustimmen zu müssen, mal ganz abgesehen. Wie das läuft, haben sie ja in der letzten Ratssitzung wieder einmal allzu deutlich unter Beweis gestellt.
Im Übrigen möchten wir noch einmal unterstreichen, dass wir die Beleidigung von
Frau Oberbürgermeisterin Welge durch Ali Akyol, für die er sich bereits entschuldigt hat,- ich habe hierzu auch persönlich mit ihm gesprochen und finde das nicht in Ordnung -, als nicht akzeptabel ansehen, das ist, glaube ich, ganz klar, dass sie jedoch in einer Sitzungsunterbrechung stattgefunden hat. Somit war sie nicht Teil der offiziellen Sitzung. Wie auch die weiterhin geschilderten Vorgänge in einer Sitzungsunterbrechung stattgefunden haben und somit, nach unserer Einschätzung, vor einem Zivilgericht untersucht werden könnten und vielleicht sogar sollten, für Maßnahmen im Rahmen der Geschäftsordnung sehen wir allerdings keine Handhabe.
Ganz augenscheinlich war die Stimmung allgemein aufgeheizt. Es hat in der
entsprechenden Ecke des Rates einen kleinen Tumult gegeben und einige Leute
standen, gestikulierten und plärrten wild durcheinander. In einer solchen Situation
kann es dann schon einmal hitziger werden.
Von einer „Bedrohungslage“ war dieses für alle daran Beteiligten peinliche Geplänkel nach unserer Ansicht jedoch Lichtjahre entfernt und wird sich hoffentlich nicht wiederholen.
Für unsere Einschätzung, dass in einer Sitzungspause die Geschäftsordnung nicht
anwendbar ist, spricht auch dies. In der Sitzungspause begann ein Mitglied einer
Fraktion den Tumult zu filmen und wir bekamen, nach unserem Hinweis darauf, zur Antwort, dies sei nicht zu beanstanden, da wir in einer Sitzungspause seien.
Ja, was denn nun? Gilt immer dann die Geschäftsordnung als einschlägig, wenn es
den „demokratischen Fraktionen“ in den Kram passt? Das kann es ja wohl nicht sein.
Was uns zugegebenermaßen am meisten an dieser Vorlage gestört hat, ist, dass die „demokratischen Fraktionen“ die Nase hier sehr hoch tragen, was nach unseren Erfahrungen im Rat, wir sind seit 2014 drin, nicht gerechtfertigt ist.
Wir können uns an noch Ratssitzungen erinnern, wo die angeblich ach so
„demokratischen Fraktionen“ sich wie ein pöbelnder, geifernder Mob verhalten
haben, von den Sitzungen, in denen man eher den Eindruck hatte, sich in einer
Kindergartenkrabbelgruppe zu befinden, mal ganz abgesehen. Ihr Glück ist, dass es damals noch kein Rats- TV gab.
Für eine ganz bestimmte Sitzung sollten sie sich, auch nach Meinung einiger meiner Freunde, auch heute noch in Grund und Boden schämen. Der damalige
Oberbürgermeister, das waren noch nicht Sie, Frau Oberbürgermeisterin, und auch die Presse haben sich, nach meiner Erinnerung, damals nicht mit Ruhm bekleckert.
Auch noch mal einen schönen Gruß an die WAZ.
Von Fairness, demokratischen Gepflogenheiten und Wertschätzung konnte hier sicher keine Rede sein. Ich habe nach der damaligen Sitzung einen Kommentar verfasst, der sich mit diesem unsäglichen Betragen beschäftigt hat und ich darf feststellen, dass ich sehr stolz darauf bin, dass sich unsere Fraktion noch nie eines solchen Verhaltens schuldig gemacht hat. Wir sind uns der Würde dieses Stadtparlamentes offensichtlich noch bewusst, ob dies bei den anderen noch der Fall ist, wage ich zu bezweifeln.
Im Übrigen sollten gerade die Ampelfraktionen, die gerade im Bundestag, mit Hilfe
des sogenannten „Demokratiefördergesetzes“, dabei sind, die Demokratie weiter zu schreddern, vielleicht etwas demütiger bei der Beurteilung der Verfehlungen anderer sein.
Nach Kenntnisnahme der Vorlage, der Stellungnahme von Herrn Akyol und der
Presseberichterstattung kommt unsere Fraktion jedenfalls zu dem Schluss dieser
Vorlage nicht zuzustimmen.
Danke.
Bettina Angela Peipe
DIE LINKE