Rede von Bettina Peipe zur Werksschließung bei Vaillant in der Ratssitzung am 26.11.2015

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

wir als Fraktion waren - genau wie Sie alle hier - einigermaßen entsetzt, als wir von den Plänen Vaillants erfahren haben, den Betrieb hier in Gelsenkirchen einzustellen und das Werk zu verlagern. Dies bedeutet faktisch, dass 200 Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz stehen werden.

Dieser Fall einer Werksschließung reiht sich ein in eine Reihe von Fällen dieser Art im Ruhrgebiet, als ein Beispiel will ich hier nur Nokia in Bochum nennen. Dort hat sich einfach die Betriebsleitung hingestellt und gesagt: „Die Subventionen, die wir für die Ansiedlung  kassiert haben, haben wir gern genommen, aber wenn jetzt nichts nachkommt und das Geld zur Neige geht, dann sind wir hier weg. Dann gehen wir nach Rumänien, dort ist es billiger und wir können noch mehr Profit machen.“

Ob diese Rechnung wirklich aufgeht, sollten sich die Herrschaften bei Vaillant gut überlegen, denn auch Unternehmen wie Steiff und Corning haben solche Entscheidungen bitter bereut, dort gab es teilweise Produktionsausfälle von bis zu 80%.

 Auch bei Nokia in Bochum, das darf man nicht vergessen, hat man damals schwarze Zahlen geschrieben. Die Betriebsverlagerung war keine wirtschaftliche Notwendigkeit und wurde nicht aus einer Notlage heraus beschlossen. Ca. 3000 Menschen hat das ihre Arbeitsplätze gekostet. Das nennt man Karawanenkapitalismus!

Es ist allerdings auch verlogen und heuchlerisch so zu tun, als hätte Deutschland mit dieser Entwicklung nichts zu tun, denn man muss sagen, dass alle Regierungen Rot-Grün, Schwarz- Gelb und Schwarz-Rot, derartige Monster, und da ist es mir egal, ob es sich hier um Großkonzerne oder Familienunternehmen handelt, überhaupt erst von der Leine gelassen haben. Das meine Damen und Herren ist Neoliberalismus in Reinform. Profitmaximierung ist dann die einzig gültige Maxime, nach der man verfährt. Und das bedeutet, derjenige, der die niedrigsten Sozialstandards hat, die niedrigsten Unternehmenssteuern erhebt und die niedrigsten Löhne zahlt, bekommt den Zuschlag. Das ist aber nicht im Interesse der Mehrheit der Menschen.

Es ist ohnehin ein Skandal, dass Kapital sich frei um die Erde bewegen kann,- Billionen werden jeden Tag um den Erdball gejagt,- aber sobald Menschen sich auf den Weg machen, wie jetzt in der Flüchtlingskrise, machen wir die Schotten dicht. Das ist langgeübte Praxis.

Wir in Deutschland haben derartige Unternehmensstrategien auch noch steuerlich gefördert, das muss sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Nicht nur Betriebsverlagerungen wurden steuerlich begünstigt, sondern auch der Gewinn beim Verkauf von Unternehmensteilen wurde steuerfrei gestellt. Und das hat  das ganze System erst so richtig angeheizt. Dort haben sich gewisse Leute dumm und dämlich verdient. Und auch das sollte man hier nicht vergessen.

Hier ist ein grundsätzliches Umsteuern erforderlich in den Zeiten nach der Finanzkrise. Solch eine Wirtschaftsideologie, Wirtschaftstheorie kann man das nicht mehr nennen, ist vollständig obsolet.

Neoliberalismus- und das wird immer deutlicher- ist mit einem demokratischen Staatswesen nicht kompatibel. Man muss Vaillant klarmachen, dass derartige Firmenstrategien nicht mehr hingenommen werden, dass die Gesellschaft so etwas nicht mehr akzeptiert.

Die Vaillant- Mitarbeiter werden uns als Partei an ihrer Seite finden beim Kampf gegen solche Ausbeuter- Methoden. Frau Rosenau (IG Metall Betriebsrätin) wir haben am 19.12. 2015 ein Rendezvous! ( 19.12.2015 , Demonstration gegen die Betriebsschließung)

Bettina Angela Peipe

im Rat der Stadt Gelsenkirchen am 26.11.15

(Es gilt das gesprochene Wort)